Nach dem Erbfolgegesetz für den Adel von 1510 stand seiner Frau als der erstgeborenen Tochter die Nachfolge auf Haus Mehrum zu. Am 28. Mai 1619 übernahm er Haus Mehrum als seinen Besitz und wohnte eine gewisse Zeit mit Frau und Gesinde daselbst; auch nahm er verschiedene Reparaturen an dem Burghaus vor. Zu seinem Verwalter setzte er Bernhard Sieberg ein, der schon seinem Schwiegervater gedient hatte.
Im Jahre 1625 erhielt er für seine Frau aus deren mütterlichem Erbteil das adelige Haus Zum Bongardt bei Aldenrade, auf der Grenze von Kurköln und Jülich gelegen. Über die Inbesitznahme, die nach „uraltem adeligen und wohlhergebrachten Herkommen sowie auch nach fürstlich jülischer Ordnung erfolgte", wird das Nachstehende berichtet.
„Ketzgen ist mit dem Notar als Zeugen auf das Haus Zum Bongardt zuerst in die Küche gegangen, an dem Herd auf einem Stuhl niedergesessen, das Feuer gestocht, in die Stube und Kammer gegangen, die Tür auf- und zugetan, dann die Schlüssel von der Hauspforte und allen Gemächern oder Kammern von Johann Thomissen, dem Verwalter, gefordert, welche derselbe alsbald geliefert und gehandreicht, danach S. Wohledel und Getreuer mit den Schlüsseln das Haustor und die Pforten auf- und zugetan, die Jochbrücke ergriffen, Scheune und Stall umgangen, die Tür auf- und zugetan, auf dem Hofe Halme aufgenommen, von sich geworfen, von dort an den beiliegenden Bongert und Musgarten gegangen, dem Hausmann Johann die Schlüssel wieder eingehändigt und die Verwaltung des Hauses befohlen und ihm aufgetragen, einen Nußbaum, der im Bongert steht, abzuhauen und nach Gerrishoven zu bringen ....". *1)
Im Jahre 1625 verheiratete sich die zweite Tochter des Bertram v. Lützenradt mit Konrad v. Strünckede.
Der erhebt nun auch Anspruch auf Haus Mehrum und behauptet, ihm stände es zu, weil v. Ketzgen schon anderes Erbe seiner Frau angetreten habe, wie zum Beispiel Gut Bongardt und Haus und Herrlichkeit Büdingen. Bei diesen Gütern handelte es sich jedoch um Erbteil von mütterlicher Seite. V. Strünckede konnte aus dem Erbteil seiner Schwiegermutter auch noch Güter haben, so daß er in dieser Hinsicht nicht übervorteilt war.
Was aber die Erbschaft von Haus Mehrum betraf, so sprach das Klevische Erbrecht eindeutig für v. Ketzgen. Und um seinen Schwager auch zu zeigen, daß er keineswegs gewillt war, auf sein Recht an Haus Mehrum zu verzichten, ließ er durch einen Bevollmächtigten am 24.Mai 1632 noch einmal in aller Form von Haus Mehrum Besitz ergreifen. Hierüber ist folgendes nachzulesen:
„Er, Bervollmächtigter, hat alsbald den Handgriff des vordersten Hoftores ergriffen, ist durch das Tor über den Hof an das Haus gegangen, hat die offen stehende Haustür zu- und aufgetan, ging durch das Vorhaus zur Küche, wo er den auf dem Herde liegenden Feuerbrand stochte, sich auf Stühle niedersetzte, den Hael über dem Herd auf-und niederschürzte, ging dann in den Salet, durch die hinterste Kammer in die Stube, von dort nach oben auf einige eröffnet befundene Kammern, Säle oder Lauben und wiederum herab zu den verschiedenen Kellertüren, weiter über den Hof in die Scheuer und etliche Stallungen, wo er die Türen auf- und zugetan, von dort in den Kraut- und Musgarten, wie auch in die zwei daran anstoßenden Baumgärten, die nunmehr zum Teil umgepflügt und mit Erbsen, Rübsaat und anderem bestanden, darin fast alle Bäume abgehauen waren, hat daselbst Kraut und Gras von den Bäumen abgepflückt, respektive abgebrochen und schöne Erde aufgenommen. Nachdem er die um die Baumgärten gezogenen Mauern umgangen, kehrte er wieder ins Haus zurück, setzte sich an den Tisch und erklärte ausdrücklich, daß er hiermit kraft der ihm verschriebenen Bevollmächtigung im Namen seines Herrn Prinzipalen und dessen Ehefrau Amalie Elisabeth v. Ketzgen, älteste Tochter des v. Lützenradt, Haus Mehrum mit seinen Rechten und seinem Zubehör, das seine
Auftraggeber schon vorher und bisher ruhelich innegehabt, aufs neue für diese in Besitz genommen!" *2)
Bald darauf mußte v. Ketzgen im Auftrage des Kurfürsten von Köln nach Mastricht in das Heerlager des Prinzen von Oranien reisen. Mit dem Prinzen, der Befehlshaber der niederländischen Truppen war, sollte er über die Neutralität der Festung Rheinberg verhandeln. Die Abwesenheit des v. Ketzgen nutzte Konrad v. Strünckede, um sich in den Besitz von Haus Mehrum zu bringen. Hermann Daems, v. Ketzgen's Verwalter, wurde des Hauses verwiesen. Gerhard Impelmann war nun der neue Verwalter für v. Strünckede.
Anno 1633, im Monat Mai, „ist der Herr v. Ketzgen in Begleitung von sechs kurkölnischen Soldaten, weilen es daheim voller Kriegsvolk gelegen", das Rheinberg belagerte, von Moers kommend in Mehrum eingetroffen. Doch hatte er die Begleitmannschaft ein Stück des Weges zurückgelassen und kam eine halbe Stunde eher als diese auf Haus Mehrum ein, „alwo Frau Impelmann, deren Mann abwesend war, ihn bewillkommt und wohl empfangen". Als hernach der Verwalter Impelmann erscheint, stellt ihn v. Ketzgen zur Rede, was er hier zu tun habe und in wessen Namen er sich hier aufhalte. Dann hat er ihn gütlich von Haus Mehrum abgewiesen.
Impelmann begab sich sogleich nach Wesel, wo sein Herr sich gerade aufhielt, und berichtete ihm. V. Strünckedfe schickte ihn und einen Schreiber (Notar) am nächsten Tage wieder nach Mehrum, um mit v. Ketzgen zu verhandeln. Der ließ sich aber auf nichts ein. Als Impelmann, der mit aufgeschlichen war, als v. Ketzgen den Schreiber gütlich aufgelassen, nicht gutwillig abziehen wollte, wurde er auf v. Ketzgen's Befehl bei dem Ärmel genommen und also von dem Haus abgewiesen.
Am 4. Juli desselben Jahres hat sich zugetragen, daß der v. Strünckede einen Notarius mit etwa 25 oder 30 gewehrten Bauern nach Mehrum schickte mit der Anweisung, das Haus mit Gewalt einzunehmen, wenn v. Ketzgen nicht gutwillig abziehen würde. An diesem Abend übersteigen sie die Ringmauern, sprengen mit Gewalt die Türe und stoßen ein Loch in die Hausmauer, um in das Haus einzudringen und sich dessen zu bemächtigen. „Deswegen der v. Ketzgen hinunter geschossen und sie wieder hinauf!"
Ein des Weges kommender Trupp Holländer, der sein Lager in der Nähe hatte, machte der Schießerei ein Ende und nahm die Bauern mit ins Lager. Den Notar aber brachten sie an das Haus. V. Ketzgen ersuchte ihn, ein Protokoll von diesem Akte zu machen, was er dann auch nach anfänglicher Weigerung tat.
Nun führte v. Ketzgen Klage bei der Regierung des Kurfürsten von Brandenburg. In einem Bescheid vom 23. September 1633 wurde sein Recht auf Haus Mehrum anerkannt. V. Strünckede wurde verurteilt, die Gerichtskosten zu tragen. Doch das hielt ihn nicht davon ab, weiterhin gegen seinen Schwager zu klagen. Zunächst hatte er allerdings keinen Erfolg zu verzeichnen; denn das Kaiserliche Kammergericht entschied am 28. Januar 1634 ebenfalls zu Gunsten des v. Ketzgen. Schließlich wird ihm aber doch noch Haus Mehrum zuerkannt, und zwar durch Kurfürstlichen Befehl in Spandau am 6.Oktober und am 14. November 1634. Der Richter von Götterswickerhamm mußte v. Ketzgen's Verwalter Vincens Aldenhoven mit Weib und Kind zum Abzug von Haus Mehrum zwingen.
Er hat „sie bei dieser winterlichen, kalten Zeit vor die Pforte geschleift, die Kinder der Mutter nachgejagt und in ein vor dem Haus gelegenes Bauernhäuslein getragen, Vieh und Mobilien vorenthalten, Schlüssel weggenommen und nicht einmal gestatten wollen, daß das unvernünftige Vieh mit Futter und anderem der Gebühr nach versehen wurde".
Nun ist es an v. Ketzgen, sein Recht abermals zu verfechten. Zwar genießt er wohl das Vertrauen des Großen Kurfürsten, dem er 1643 als Kommissar diente, um den Streit zwischen der Regierung und den Landständen und zur Abnahme der Rentmeisterabrechnungen beizulegen. Aber v. Strünckede besitzt großen Anhang beim Adel. Das offenbart sich in der Forderung Nr. 35 der Klevischen Stände vom 30. Januar 1647:
„Schutz des Konrad v. Strünckede, im Besitz von Haus Mehrum, gegen Wilhelm v. Ketzgen zu Gerrishoven bis zur Entscheidung des Prozesses oder gütlichem Vergleich." *3)
Nach zwei Jahren ist es dann doch zur gütlichen Einigung gekommen: v. Ketzgen erhält Haus Mehrum, sein Schwager v. Strünckede gewisse Rechte daran. „Der Drost des Landes Dinslaken, Herr Wilhelm v. Quadt-Wickradt-Zoppenbroich, und der Richter, Martin v. Willich, erhalten Kurfürstlichen Befehl, de dato 1649, März 24, dem v. Ketzgen Haus Mehrum einzuräumen.".
1653 verpachtet Konrad v. Strünckede den Hof zu Hülsdonk an Wilhelm Horstmann auf 12 Jahre für 8 Malter Hafer, 1 Malter Buchweizen, 4 Paar Hühner, 4 Wagendienste und die halbe Eichelmast. Weil der Hof lange Zeit nicht bewirtschaftet wurde, auch kein Haus vorhanden ist, soll ein Haus von 4 Gebund errichtet werden. Pächter soll auch eine Weide haben, die hintere Abtsmiers in Löhnen, wofür er 15 Reichstaler geben muß. Es wird ihm auferlegt, das Gut mit Obstbäumen und Willigen (Weidenholz) zu bepflanzen. Widerrechtlicher Einschlag von Eichen oder Aneignung von Eichenholz ist ihm verboten. Zu diesem Pachtvertrag gibt Wilhelm v. Ketzgen unter Wahrung seiner Rechte seine Zustimmung.
Im Jahre 1654 ist nachzulesen, daß er durch seinen Rentmeisteer Johann Lynkens den Hof zu Hülsdonk an Wilhelm Weymann verpachtet. Er soll für die ersten vier Jahre die 4. Garbe geben und für die folgenden acht Jahre den im Jahre 1653 vereinbarten Pachtzins. (Die Ermäßigung der Pacht für die ersten Jahre hängt wohl damit zusammen, daß der Hof solange „wüst gelegen" und vorerst noch wenig Ertrag bringen konnte).
Ein anderer Zankapfel zwischen v. Ketzgen und v. Strünckede ist das Schultheißenamt über die sogenannten Deutzer Güter im Amt Götterswickerhamm.
1598, den 27. Februar, schloß Bertram v. Lützenradt mit dem Abt Gerhard Holler vom St. Heribert Münster zu Deutz einen Vertrag, mit dem ihm das Schultheißenanmt mit dem Erbvogtzins und den Pachtgütern, Weiden, Ländereien und Gerechtigkeiten übertragen wurde.
Er versprach, „bei diesem langwährenden und immer zunehmenden verderblichen Kriegswesen, wobei alle Güter schier öde und wüst gelegen, dennoch denselben Kanon abzuliefern wie in Friedenszeiten" und hintelegte bei dem Kloster Deutz einen Pfandschilling von 2.500 Talern kölnischer Währung. An Vorgewinn hatte er 450 Taler zu zahlen. In dem Vertrag war bestimmt, daß das Amt an drei Personen (Leiber) verliehen werden sollte oder, wie man auch sagte, zu drei Händen. Die erste Hand daran sollte er selbst sein, die zweite Hand seine Frau und die dritte Hand eine noch später zu nennende Person.
Bertram v. Lützenradt machte hernach bekannt, daß seine Tochter Amalie Elisabeth, verheiratet mit Wilhelm v. Ketzgen, die dritte Hand an dem Schultheißenamt haben sollte. Wilhelm v. Ketzgen erhielt am I0. Juli 1632 das Lehen für sich und seine Frau zur ersten Hand, für seine Söhne Franz Adolf und Wilhelm Salentin zur zweiten Hand und für seine Tochter zur dritten Hand, solange ihm noch nicht ein dritter Sohn geboren sei.
An dem Schultheißenamt will auch Konrad v. Strünckede teilhaben. Er beruft sich darauf, daß ihm ein Drittel daran zustände als Erbteil seiner Frau Johanna v. Lützenradt und ein weiteres Drittel als Erbteil der dritten Tochter des v. Lützenradt, namens Anna Magdalena, Ehefrau des Wilhelm v. Hasselt, das er von dieser angekauft habe. Aber der Abt von Deutz nimmt v. Ketzgen in Schutz. 1645, als das Kloster einen neuen Abt erhält und die Belehnung mit dem Schultheißenamt erneuert werden muß, behält zwar v. Ketzgen das Amt. Aber
Konrad v. Strünckede erreicht bei dem neuen Abt die Änderung des erneuerten Vertrages dergestalt, daß v. Ketzgen von den 2.500 Talern, die seiner Zeit Bertram v. Lützenradt als Kaution gestellt hatte, 1/3 an Konrad v. Strünckede und ein weiteres Drittel an Wilhelm v. Hasselt auszahlen muß.
Ein weiteres Erbe, das v. Lützenradt seinen drei Töchtern hinterläßt, ist das Mehrumer Lehen: Ettwigs Hof und 5 Morgen in Hülsdonks Hof. Wilhelm v. Ketzgen stellt den Antrag, ihn zu Behuf der drei Erbtöchter zu belehnen, was dann auch am 30. Juli 1620 geschieht. Durch seine Heirat mit der zweiten Erbtochter erlangt auch Konrad v. Strünckede Rechte an diesem Lehen. Dazu erwirbt er noch das Recht der dritten Erbtochter durch Kauf, so daß ihm nun 2/3 von den Einkünften des Lehens zustehen und ihm von seinem Schwager v. Ketzgen zugewiesen werden müssen. Infolge der Irrungen und Mißverständnisse, die zwischen ihm und dem Schwager durch den Streit um Haus Mehrum mit der Zeit eingerissen sind, hält er es für zweckmäßig, auch seinerseits die Belehnung nachzusuchen. Am 11. Mai 1633 wird ihm der Lehnsbrief ausgestellt. Zu dessen Empfang mußte er sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen, da er selbst „wegen der landeskundigen Kriegsgefahr nicht kommen konnte". Für v. Ketzgen wird ein neuer Lehnsbrief am 4.Oktober desselben Jahres ausgeschrieben. Beide sind nunmehr belehnt zu Behuf ihrer Frauen.
Ein Vorteil war für Konrad v. Strünckede mit der Belehnung nicht verbunden; denn nach wie vor bezog er vom Lehen 2/3 der Einkünfte. Er wollte auch nur eine bessere Sicherung seines Rechtes daran. Hierfür zahlte er 15 Gulden an Heergeweide und die üblichen Kanzleigebühren.
7. November 1620. „Dem Wohledlen Wilhelm v. Ketzgen zu Gerritzhoven und Mehrum ist von einem Ehrwürdigen Kapitul zu Xanten zu Lehen gegeben 16 Stücke Land, die zu Ettwigs Hof gehören, für 5 schwere Solidos." Dieses Lehen wurde das Xantener Lehen genannt.
19. August 1638: Wilhelm v. Ketzgen gewinnt ein klevisches Lehen, das den Namen Der Mehrumer Zehnte führt. Es handelt sich dabei um Abgaben, die aus einer Anzahl von Grundstücken im Bereich der Bauernschaft Mehrum erhoben werden.
Um 1657 kauft Wilhelm v. Ketzgen von Margaretha v. Preut, Geistliche des Ordens St. Augustinus, den Bischofsacker, eine Weide von 22 Morgen holl. auf dem Rheinberger Grind, die zu den kurkölnischen Latengütern gehört. Der Pachtzins - 1681 betrug er 3 Schafe - war an die Kellerei zu Rheinberg zu entrichten.
Wilhelm v. Ketzgen gehörte der Reformierten Kirche zu Dinslaken an. 1654 stiftete er zum Kirchenbau einen Baumstamm. *4)
Konrad v. Strünckede starb 1657, Wilhelm v. Ketzgen etwa 1661. Haus Mehrum fiel zu 1/3 an Wilhelm Salentin v. Ketzgen, zu 2/3 an Gottfried v. Strünckede. Ebenso war es auch mit dem Mehrumer Lehen, das die beiden Vettern am 12. Januar 1662 in Empfang nahmen. Durch Teilungsvertrag vom 19. Juli/12.Dezember 1670 einigten sich die vier Söhne des 1657 verstorbenen Konrad v. Strünckede, nämlich Gottfried, Friedrich Wilhelm, Franz Christoph und Konrad dahin, daß der älteste von ihnen das Stammgut Strünckede erhält, die anderen das Erbteil an Haus Mehrum gemeinsam besitzen sollen. Nach dem Tode von Friedrich Wilhelm fällt dessen Anrecht den Brüdern Franz Christoph und Konrad zu. Am 3. Mai 1681 schreibt Franz Christoph von Rom aus:
„Von den geerbten und durch den Tod meines Bruders mir zugefallenen Gütern und Renten habe ich bisher wenig genossen, und da die Zeiten je länger, je schlechter fallen und ich befürchten muß, daß ich in Zukunft noch weniger davon genießen werde, sonderlich da ich mich weit von denen aufhalte, so ist mir damit nicht gedient und weil ich jetzt Geld nötig
gebrauche und auch in Zukunft, so habe ich meinem viel geliebten Bruder Konrad alle meine Güter und Renten verkauft."
Damit ist dieser Konrad der alleinige Besitzer des Anteils derer v. Strünckede an Haus Mehrum geworden. Da sein Bruder Gottfried auf Haus Strünckede, dem lt. Lehnsbrief von 1662 zwei Drittel des Mehrumer Lehen zustand, in demselben Jahr - 1681 - starb, so fiel auch dieses Erbe dem vorgenannten Konrad zu.
„Am 12ten Tag des Monats Januaris des 1682sten Jahres" fand die Belehnung damit statt. Mitbesitzer ist noch immer Wilhelm Salentin v. Ketzgen.
Nach dessen Tod am 30. Januar 1668 tritt an seine Stelle seine Tochter Alstein Allmuth Luise, Ehefrau des Wessel Wirich v. Bodelschwingh, Herr zu Bodelschwingh.
Konrad v. Strünckede besaß den Rittersitz Dorneburg, war kurfürstlicher Brandenburgischer Kämmerer, Drost des Amtes Bochum und des Gerichtsbezirks von Kastrop (Castrop), Gerichtsherr zu Eickel und von 1681 an Herr zu Mehrum. Sein Einkommen kann demnach nicht gering gewesen sein. Trotzdem schuldete er der Frau Marg. Boesen in Wesel 800 Reichstaler. Hierfür verpfändete er 1688 einige Grundstücke: den Ossenkamp, den Eickelschlag und die Rheinberger Spey. *5)
Wie verschiedene Landkarten betr. die Belagerung von Rheinberg im Jahre 1601 sehr deutlich veranschaulichen, floß der Rhein damals noch an der Stadt vorbei. Gegenüber der Stadt zweigte aber schon ein kleiner Nebenarm ab, der das Mehrumer Gebiet durchschnitt und unterhalb (stromabwärts) von Ossenberg sich wieder mit dem Hauptstrom vereinigte. Durch Verlagerung der Strömung wurde dem Nebenarm mit der Zeit immer mehr Wasser zugeleitet. Anläßlich einer Besichtigungsfahrt berichtete 1660 der Rentmeister des Landes Dinslaken: „. . . sind wir in den Kanal geschifft, der nun viel breiter als bei der jüngsten Befahrung befunden wurde". *6)
Bei einem Hochwasser mit Eisgang im Jahre 1668 verließ der Hauptstrom sein Bett, stürzte sich in den Kanal und riß soviel Land hinweg, daß dieser nun zum Hauptarm und der alte Rhein zum Nebenarm wurde.
Den Mehrumern war es zu dieser Zeit schon möglich gewesen, die Einbruchsstelle einzudämmen, um somit den Verlust ihrer Ländereien zu verhindern. Aber die Regierung verbot ihnen jegliche Hilfsmaßnahmen. Der neue Durchfluß sollte vielmehr erhalten und noch gefördert werden. Die Preußische Regierung sah es gern, daß Rheinberg vom Rhein abge-schnitten wurde; denn dann war auch die Zollstation des Kurfürsten von Köln an dieser Stelle überflüssig. Die Schiffe fuhren ja nun durch preußisches Gebiet. Als 1703 im spanischen Erbfolgekrieg die Preußen Rheinberg besetzt hielten, ließ die Regierung in dem alten Rheinbett mehrere mit Kies und Steinen beladene Schiffe versenken, Kribben bauen, Weiden anpflanzen und einiges mehr, um die Verlandung des alten Strombettes gänzlich zu erreichen.
Mochten durch die so gewonnene Strombettverlagerung des Rheins durch preußisches Gebiet auch viele Morgen Land verloren gehen, sie diente dennoch dem gewollten Zweck und mußte eben in Kauf genommen werden.
Die Bauern aber, die hierdurch gutes Land verloren hatten, waren mit den Regierungsmaßnahmen nicht einverstanden. Wenn auch ihr erlittener Schaden zum Besten des Landes war, so verlangten sie aber nachdrücklich eine angemessene Entschädigung. Den größten Verlust hatte v. Strünckede zu beklagen. Über 100 Morgen holl. (etwa 350 Morgen preuß.) büßte er ein; das waren 2/3 des insgesamt untergegangenen Landes. Nach anderen Berichten sollen es sogar 150 Morgen holl. gewesen sein.
Zur Regelung des Schadensersatzes wird er zur Rücksprache mit dem Kurfürsten zum Hof nach Köln an der Spree eingeladen. Doch ehe er dort erscheinen kann, ereilt den Kurfürsten
der Tod. Erst als dessen Nachfolger Friedrich II. nach Kleve kommt, können die Verhandlungen aufgenommen werden. Dabei wird sein Schaden auf 16.000 Reichstaler geschätzt. Weil aber jetziger Zustand der Zeiten nicht erleidet, den Freihern v. Strünckede mit Geld zu befriedigen, so soll er vorerst auf folgende Art entschädigt werden: man gibt ihm ein Lehen, nämlich die Gerichtsbarkeit (Bürgerliches und Halsgericht) über seinen im Amte Bochum gelegenen Rittersitz Dorneburg, wie auch über das daselbst gelegene Dorf und die Bauernschaft Eickel, Eicheren, Holsterhausen, sodann die zu Röllinghausen und zu Diepenburg gelegenen Güter. Es wird ihm die Fischerei im neuen Rheinlauf verliehen, so lang und soweit sich die daran gelegenen Mehrumschen Güter erstrecken. Außerdem wird ihm versprochen, daß er von dem in der Zukunft entstehenden Uferanwuchs zwei Dritel zum Eigentum haben soll. *7)
Nachrichten darüber, ob und wie die anderen Grundstücksbesitzer wegen ihres zum Besten des Landes erlittenen Schadens abgefunden wurden, liegen nicht vor. Es mag auch für sie wohl zugetroffen haben, daß der Zustand der Zeiten es nicht erlitt, ihnen Geld auszuzahlen!
1. A.Fahne, Westfälische Geschlechter, Köln 1858, B 1. - V. Steinen, III 492, Osn. 1966.
2. Archiv Haus Mehrum. B VII 3, 4. 6. 8, 9.
3. V.Haeften, Ständische Verhandlungen, Bd. I.
4. Archiv der Evgl. Kirchengemeinde Dinslaken, Akten Bd. 17.
5. HSTAD, Klevische Gerichte, Landgericht Dinslaken, Akten A 11.
6. Ebd., Kleve Kammer, Akten Nr. 1572.
7. Ebd.
Unterschrift des Wilhelm v. Ketzgen in der Rechnungsablage der Verwalter des Armenfonds der Kirchengemeinde Götterswickerhamm, „10 Juny, Anno 1620". (Aus: Kirchenarchiv Götterswickerhamm, Armenrechnungen).