Der Rhein suchte 1668 mit Hochwasser und Eisgang sein Hauptbett durch das Mehrumer Grind, wo das Vieh der Mehrumer im Sommer auf der Weide stand. Dadurch veränderte sich der Verlauf des Rheins, und Mehrum lag ab diesem Zeitpunkt nahe am Strom. Seinerzeit wurden große Flächen vom Mehrumer Grind durch den Rhein abgeschnitten, aber von den bisherigen Besitzern weiterhin für die Viehhaltung genutzt. Damals verkehrten sogenannte Milchschiffe zwischen Mehrum und dem linksrheinischen Gebiet (heute Milchplatz im Orsoyer Rheinbogen).
Ein regelrechter Fährbetrieb zwischen Mehrum und Rheinberg bestand schon seit 1664. Im Jahre 1726 konnte ein beladener Wagen mit zwei bis vier Pferden für 20 bis 25 Stüber übergesetzt werden. Häufigere Fahrgäste waren Menschen und Kühe für je vier Stüber. Ein Tagelöhner verdiente zu der Zeit 18 Stüber am Tag. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts ging das Fährgeschäft zurück. Ein großer und kleiner Nachen trugen nur noch Mensch und Vieh über den Rhein. Ein lohnendes Geschäft war es nicht. Die Pächter erhielten Zuschüsse von der Stadt Rheinberg, der Bürgermeisterei Götterswickerhamm und um 1900 vom Freiherrn von Plettenberg. Ab 1895 überquerten nur noch Kähne den Rhein. 1956 endete der Fährbetrieb. Letzter Fährmann war Schützenbruder Dietrich Evers.
Vom Hochwasser blieb Mehrum nicht verschont. Nach der großen Hochwasserkatastrophe von 1855 trat der Rhein am 2. und 3. Januar 1926 in Möllen über das Ufer. Das Wasser erreichte in kurzer Zeit durch das alte Rheinbett (Mehr) die tieferliegenden Ortschaften. Die Schulstraße in Mehrum bildete damals das Ufer eines Sees, der bis Löhnen reichte und in dem der höher gelegene Ettwigshof eine Insel war.
Text: Heinz Ettwig
Die Fähre Mehrum-Rheinberg (Kahnfähre)
Früher gab es lange Zeit eine Fährverbindung zwischen Mehrum und Rheinberg in Form einer kleinen Kahnfähre. Die Fähre wurde zuerst von dem Fährmann Hülser, dann Köhnen und zuletzt von Dietrich Evers betrieben, der 25 Jahre den Fährbetrieb aufrecht erhielt. Im Jahre 1952 ereignete sich allerdings ein folgenschwerer Unfall.
Es herrschte stürmisches Wetter. Eine Angestellte des Zahnarztes Gellvert aus Voerde wollte unbedingt noch über den Rhein. Der Fährmann Evers verneinte erst, über den Rhein zu fahren. Die Angestellte bat ihn eindringlich, doch noch über zu setzten. Evers lies sich überreden und fuhr los.
Auf dem Rhein befand sich ein Schleppzug mit mehreren Kähnen. Der Fährmann versuchte, zwischen den Kähnen durch zu fahren. In diesem Moment zog das Zugseil an, und der Kahn kippte um. Die Angestellt fiel ins Wasser und ist ertrunken. Der Fährmann konnte sich am Zugseil festhalten, bis einige Schiffer ihn gerettet haben.
In der späteren Gerichtsverhandlung wurde der Fährmann freigesprochen, aber die Fährverbindung Mehrum-Rheinberg wurde für immer eingestellt.