Ortsnamen und Ortsgeschichte - Rheindorf Mehrum

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:


Mehrum

Der Ortsname und die Umgestaltung des Dorfbildes.

Die Alteingesessenen bezeichnen ihr Dorf in ihrer Mundart nicht Mehrum, sondern Mehrem, und das mit Recht: denn Mehrum ist eine Abwandlung von Mehrem. Noch älter ist der Name Mehrhem, der auf Mehrheim zurückgeht, wie aus Urkunden älterer Zeit zu ersehen ist. 1*)
Mehrheim ist das Heim oder die Siedlung am Meer. Wo aber war das Meer? Es war eine besonders breite Stelle des ehemaligen Rheinarmes, der das heutige Wiesengebiet zwi­schen Götterswickerhamm - Löhnen - Mehrum einerseits und Möllen - Voerde - Spellen andererseits durchfloß. Von diesem Mehr ist auch noch 1582 die Rede. Es wird die Fischerei im Spellener Mehr verpachtet. *2) Die längs des Nordufers dieses Meeres entstandene Siedlung führte den Namen Op ten Mehr oder Am Mehr, heute kurz Mehr genannt.
Der Name Mehrheim verrät uns auch das Alter der Siedlung. Alle in der niederrheinischen Gegend liegenden Siedlungen mit „heim" sind fränkischen Ursprungs! Ein Beweis dafür, daß der Ort zur Zeit der Franken schon bestand, sind die auf der Mehrumer Gest vor eini­gen Jahren ausgegrabenen Urnen. - Geschichtliche Nachrichten über Merheim oder Merhem sind erst ab der Mitte des 12. Jahrhunderts verzeichnet.
Die Gemarkung des Dorfes Mehrum war einst viel größer als heute. Zu ihr gehörte auch noch das Gebiet vom Rhein bis Rheinberg, der frühere Mehrumer, der heutige Rheinberger Grind. Durch Verlagerung des Rheinlaufes, der einst an Rheinberg vorbei führte, wurde der Grind von der Dorfmark getrennt. Das begann im Jahre 1668, als der Rhein sich durch den Grind ein neues Bett schuf. Von der Zeit an drängte er Jahr für Jahr immer weiter nach Osten, schwemmte jedoch an seinem Westufer nach und nach neues Land an. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts haben die Mehrumer über Uferabbruch durch den Rhein zu klagen. Als Frankreich im Jahre 1794 alles Land der linken Rheinseite in Besitz nahm, wurde der Grind dem Amte Orsoy zugeschlagen. *3)
An der Wegegabelung zur Südseite des Dorfes stand vor einigen hundert Jahren ein Hagelkreuz. Eine Akte von 1664 berichtet:
„Das Hagelkreuz ist vorhaupts unseres Gestkamps zwischen der Weber- und Kirchstraße gestanden. Die Lutheraner nennen es jetzt Hagdorn." *4)
Auf einer Karte, welche der Johanniterorden zu Wesel wegen seiner Liegenschaften in Mehrum anfertigen ließ, ist das Kreuz auch eingezeichnet und mit Heyenpaell bezeichnet. *5)
Von der Straße, die westlich des Hauses Mehrum nach Ork führt, heißt es:
"Zu wissen, daß die Schleusenstraße *6) vor Zeiten allhier nicht gewesen ist, sondern von den Spanischen erstlich bei der Belagerung Rheinbergs 1623 oder 1624 gemacht wurde. Vorher ging sie längs des großen Schlags bei Wennen Hof." *7)
Von dem großen Schlag liegt die Nachricht vor: "1598 konnte der große Schlag wegen des Admiranten (dem spanischen Heerführer Mendoza) nicht benutzt werden 1599 bis 1606 auch nicht wegen der stetigen Einlagerung der staatischen (holländischen) und spanischen Kriegsheere, die ihr den Weg durch die Weide nahmen und auch eine Redoute darin auf­warfen." *8)
Die Nachrichten von der Belagerung Rheinbergs und den Durchmärschen holländischer und spanischer Truppen weisen auf den seit 1584 währenden Kampf dieser Kriegsheere um die damals kurkölnische Festung Rheinberg und um die Stadt Wesel hin. Die Bewohner der Umgegend hatten unter Plünderung und Brandschatzung dermaßen zu leiden, daß sie ihre Wohnstätten verließen und in Wesel oder Dinslaken Zuflucht suchten. Eine große spanische Schanze (Redoute, Festungsanlage) war auf dem Mehrumer Grind. Auch östlich von Mehrum war eine Schanze errichtet worden. Ihr verdankt die Ortschaft Schanzenberg ihren Namen. Nach dem Güterverzeichnis zur klevischen Katasterkarte von 1733 bestanden in Mehrum fol­gende Höfe und Katen:
Haus Mehrum - Belskes - Biefang - Brinkamp - Bungers (Bongers) - Dorns (Daems) - Ettwig - Fehren - Freitag - Gieskes - Giesen - Hülskes (Huiskes) - Hoppen, Hermann - Hoppen, Franz - Kaspers - Koopmann, Win. - Krüskes - Lehmkuhl in Reeshoven - Lepeler in Reeshoven - Rockhoff in Reeshoven - Rüttgers - Schepers - Schmitz in Reeshoven - Timmermann in Reeshoven - Wennen - Gestkamp.

1)     So ist es auch bei Stockum und Walsum: Stockum - Stockhem - Stockheim. Walsum - Walshem - Walsheim.
2)     Archiv Haus Mehrum.
3)     Siehe Abhandlung Die Mehrumsche Gilde desselben Verfassers.
4)     Gestkamp ist der Winkel zwischen den genannten Straßen.
5)     HSTAD, Akten Johanniter zu Wesel.
6)     Schleusenstraße genannt, weil sie über die Schleuse des Mommbachs führte.
7)     Der Große Schlag ist eine Weide zwischen Wennen Hof und der Momm. Die Straße, die daran vorbei führte, hieß Brückenstraße.
Sie überquerte die Brücke über den Mommbach.
8)     HSTAD, Kloster Marienkamp zu Dinslaken, Akten Nr. 32.


Die Bauerschaft Rhinum

Ursprünglich wurde diese Bauerschaft Rhinheim genannt. Sie lag südwestlich von Reeshoven und nordwestlich von Götterswickerhamm. Durch Verlagerung des Rheinbettes wurde sie nach und nach weggespült. Ihr Untergang scheint zu Anfang des 17. Jahrhunderts vollendet gewesen zu sein. Rhinum war nicht die einzige Ortschaft, die vom Rhein ver­schlungen wurde. Sie teilte ihr Schicksal mit Ruberg, das bei Eversael lag, und mit Lindekum oberhalb von Orsoy.

In folgenden Nachrichten wird Rhinum erwähnt:

Im 13. Jahrundert geben Marsilius und Arnoldus zu Reeshoven dem Stift Xanten von einem Acker zu Rhinheim, der nicht kultiviert ist, 31 Denare. *1)
Das Heberegister des Stiftes Gerresheim, umfassend die Zeit 1218 bis 1231 und die Jahre um 1350, bekundet, daß das Stift in der angegebenen Zeit Besitzungen in Rynheym, Eppinghoven und Gyfferthen, auch auf der Alp in Walsum besaß. *2)
1310 Theodoricus und Henricus de Rynheym treten als Zeugen auf. *3)
1351, am 1. September, kaufen Heinrich und Stephan v. d. Berge von Ritter Konrad v. Elberfeld den Hof Hamberg in Spellen, Güter zu Esselvord und Mehrum im Kirchspiel Götterswick sowie Güter zu Rynem. *4)
1355, 9. Februar, verkaufen Ewerin v. Götterswick, seine Gemahlin Lisa und sein Sohn Ewerwin an Rembold v. Rhynhem 4 Morgen Land im Hückelfelde zu Rhynhem. *5)
Um 1424 empfängt das Stift Xanten aus dem Gut, genannt Rhynheym, 31 schwere Denare, welche Ryka, die Frau des Johann Heyrink und Wennemarus Heyrink zu geben haben. Das genannte Stift bezieht zu derselben Zeit aus seinem Zinsgut zu Rhynheym 2 1/2 schwe­re Solidus, 9 Denare und eine Zinsgans. Mit diesem Land sind belehnt Henricus Hüchtenbroick zur 1. Hand, dessen Frau Herbergis zur 2. Hand und deren beider Tochter Ida zur 3. Hand. *6)
1444, den 7. Januar, verkaufen vor dem Gericht Götterswick Derrick v. Münster, seine Frau Fyken und sein Sohn Derrick an Heinrich Mulliken, Bürger in Wesel, aus ihrem Hof ter Wenge im Gericht Kirchspiel Götterswick „binnen dem Hamme" eine Rente von 7 1/2 Malter Gerste. Die Saalstätte oder Hausstätte, gelegen zwischen Reyshoven und Rynhem ist „ganz in den Rhein gebrochen und ist zur Zeit ein Garten". *7)
1451, 5. Februar, kauft Johann v. Wischel, der Kommandeur der Johanniter zu Walsum, von Johann op den Dick Güter zu Rynhem, Möllen und Eppinghoven und übergibt dem Evert v. Wischel, Konventuale daselbst, den Hof zu Rynhem als Entschädigung für die 60 oberländischen Gulden, die dieser zum Kauf der vorgenannten Güter beigesteuert hat. Am gleichen Tage verkauft er die Güter in Möllen an die Johanniter in Wesel. *8)
1461, 13. Juli, verkaufen Herman ten Cruce und seine Frau Beel zu Mehrum vor dem Richter Johann Pauwe, den Schöffen Derik Lemmen, Hinrich van Mehrum, Albert Scholt zu Stockum, Lambert Nyeland, Hinrich Baten, sowie dem Boten Bernd Lülkes des Gerichts Götterswick an die Kirchmeister Hermann v. Loete und Bernd v. Worm-Götterswick drei Stücke Land, gelegen zwischen Rienhem und Merrhem (!) "zu Behuf der Kirche Götterswick". *9)
1461: In der Erbauseinandersetzung zwischen Aleyde Hering und ihrem Sohn Johann erhält letzterer u. a. das Behandigungsrecht, das seine Mutter an dem Lytenberg zu Rynhem vom Stift Xanten besaß. Heinrich ten Putte wohnt auf der Kate zu Rynhem, die Aleyde gehört. *10)
1471: Jutta Hering kauft von den Eheleuten Wolter v. Eyl und Albrecht eine erbliche Jahresrente von 20 alten Boddregern, 20 Hühnern und einem Pfund Pfeffer aus deren Erbgut, nämlich aus dem Lande, das Gerrit Smyt in Rynhem unter hat. Es liegt in Rynhem an der gemeinen Straße. *11)
1471, am 3. August, schließt Joist v. Lasalle einen Heiratsvertrag mit Johanna Hering. Unter dem Heiratsgut, das die Braut mit in die Ehe bringt, werden u.a. Grundstücke, gelegen in Rynhem im Rynhemschen Felde, genannt. *12)
1474: Jutta v. Hering kauft von den Eheleuten Wolter v. Eyl und Albrecht eine Erbjahresrente von 3 Rheinischen Gulden aus deren Gut zu Rynhem, worauf Gerrit Smyt jetzt wohnt. *13)
1494/1495: Die Klevische Rentei zu Dinslaken erhebt von einem Wart im Rhein, gegenü­ber Rynhem, jährlich 2 Gulden. *14)
1523, am 23. Juli, wird Wolter v. Eyll, Derricks Sohn, belehnt mit einem Gut zu Rhinhem und mit dem Hof Sleswick bei Birten. *15)
1558: Der Landdrost des Landes Dinslaken berichtet: Die Leute zu Rhinhem haben einen Sommerdeich angelegt von Reeshoven niederwärts. *16)

1)     C. Wilkcs, Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte des Archidiakonats und des Stifts Xanten, Band 1, Bonn 1937, S. 534.
2)     Th. Lacomblet, Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, Band VI,S. I 18.
3)     HSTAD, Kloster St. Gercon, Köln, Urkunden Nr. 83.
4)     Ebd., Abtei Hamborn, Urkunden Nr.20.
5)     Ebd., Johanniter zu Wesel, Urkunden Nr.131.
6)     C. Wilkes, wie 1), S. 521, 528.
7)     M. Dicks, Die Abtei Camp am Niederrhein. Kempen 1913 S. 354.
8)     HSTAD, Johanniter zu Wesel, Urkunden Nr. 281 u. 391. - Ebd., Kommende Walsum, Urkunden Nr. 281, 302.
9)     Kirchenarchiv Götterswickerhamm, Urkunden.
10)   Archiv Haus Mehrum.
11)  Ebd., wie 10).
12)  Ebd., wie 10).
13)  HSTAD, Hs A III 23.
14)  Ebd., Kleve-Mark, Xl Nr. 152 a.
15)  Ebd., Kleve Lehen, Generalia 5 und 23.
16)  Ebd., Kleve-Mark, XI Nr. 152.


Dat Rhynnberckse Grindt

nach der Rheinstromverlagerung im Jahre 1668. Auf der Mehrumer Seite ist Dat Blawhuis (Haus Mehrum) mit einigen umliegenden Häusern zu erkennen. Reeshaven (Reeshoven) liegt zwischen Götterswickerhamm und Mehrum, etwa in Höhe der im Rhein angeschwemmten Sandbank, Sant bezeichnet. Auf dem Grindt liegt die Schantz und dat berckse vehrhuis. Das Mehrumer Fährhaus ist nicht eingezeichnet.

 
Gilde Mehrum e.V. Copyright 2016. All rights reserved.
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü