Die Einweihung - Rheindorf Mehrum

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Für den 11. Februar 1966 ist der Umzug aus dem alten Schulhaus in das neue Schulhaus vorgesehen. Begeistert schreibt Horst Dickmann nieder: „Ich bin begeistert! Welcher Lehrer hat schon das einmalige Glück, in einem Schulhaus zu unterrichten, dessen Planung und Bau er von Beginn an beeinflussen konnte!? Ich stehe am Ziel meiner Wünsche!"
Mit den Kindern wird die Einweihungsfeier vorbereitet, die am 25. März 1966 stattfinden soll. Unter Mitarbeit der Elternvertreter Gerhard Rissel, Mathias Rissel, Wilhelm Payenberg, Hermann Ettwig und Gertrud Präg sowie der Vereine wird das nachstehende Programm entwickelt und festgelegt.

Einweihung

der Evangelischen Volksschule Mehrum am Freitag, dem 25. März 1966, 15.30 Uhr.
1. Gedicht „Einzug ins neue Haus"
2. Lied „Mein Handwerk"
3. Ansprache des Bürgermeisters Heinrich Schmitz mit Schlüsselübergabe an den Schulleiter
4. Ansprache des Gemeindedirektors Adolf Urban
5. Ansprache der Gäste
6. Lied „Und wenn das Glöcklein"
7. Lied „Handwerkerlied"
8. Gedicht „Schulhaus-Einweihung"
9. Spiel „Unser neues Haus"
10. Lied des Männergesangversins „Germania" Mehrum
11. Ständchen des Spielmannszuges Mehrum
12. Rundgang durch das Gebäude
13. Gemütliches Beisammensein.

Da die Gästeliste viele Namen trägt, können nicht alle Bürger des Dorfes eingeladen werden, weil es einfach an Platz fehlt. Wohl die Eltern der Schulkinder nehmen an der Feier teil. Aber zu dem gemütlichen Beisammensein im Saale Mölleken (Ziegler) werden alle Mehrumer Bürger durch einen besonderen Handzettel eingeladen.

Lehrer Horst Dickmann, an der Schule zu Mehrum von 1959 bis 1968. Im Bild: Am 25. März 1966 übergibt Bürgermeister Heinrich Schmitz (re.) dem Schulleiter Horst Dickmann die Schlüssel zur neuen Schule in Mehrum.

Freundlicher Hinweis!

Anläßlich der Einweihung des Neubaues unserer Dorfschule findet am 25. März 1966 im Lokale Mölleken ab 18,30 Uhr ein gemütliches Beisammensein der Dorfgemeinschaft statt. Eintritt frei! Alle Dorfbewohner lade ich dazu herzlich ein. Um allen Mehrumern Gelegenheit zu geben, einen Blick in die neue Schule zu werfen, ist das Gebäude am Sonntag, 27. 3. 1966, von 10 -12 Uhr und von 14 - 17 Uhr geöffnet.
Mit freundlichem Gruß
Ihr Horst Dickmann.

Aus der Elternkasse und von der Gemeindeverwaltung werden Getränke, Schnittchen und Musik bezahlt.
In seiner Ansprache zur Einweihung der Schule betont Bürgermeister Heinrich Schmitz, daß in der Chronik des Dorfes Mehrum ein neues Blatt geschrieben werde mit dem Tage der Einweihung der Evangelischen Dorfschule. Er sprach die Hoffnung aus, daß die neue Schule dazu beitragen werde, erfolgreiche pädagogische Arbeit zu leisten. Er sprach auch von den Verdiensten des verstorbenen Bürgermeisters und Landrats Hermann Breymann, der als Berufskollege in Voerde wesentlich die Planung der Schule beeinflußtund vorangetrieben habe. Dafür gebühre ihm heute und hier an dieser Stelle der besondere Dank. -Sodann überreichte er mit den besten Wünschen für die Zukunft den Schulschlüssel an Hauptlehrer Horst Dickmann.
Gemeindedirektor Adolf Urban führte aus, daß die schulische Entwicklung in diesem Land über die einklassigen Volksschulen hinwegbrause. Heute hätte man unter den veränderten Richtlinien diese Schule nicht mehr gebaut, obwohl gerade aus den einklassigen Volksschulen hervorragende Persönlichkeiten hervorgegangen seien. -
Fürwahr, es war ein großer und bedeutungsvoller Tag für das Dorf Mehrum und seine darin wohnenden Menschen!
Am 10. Februar 1966 gibt das Kultusministerium des Landes Nordrhein-Westfalen die Einzelheiten über die geplante Verlegung des Schuljahrbeginns auf den Herbst bekannt. Das Schuljahr 1966 beginnt am 1. April 1966 und endet am 30. November 1966. Das Schuljahr 1966/67 beginnt am 1. Dezember 1966 und endet am 31. Juli 1967.
Die alte Schule wird in diesem Jahr abgerissen. Der Schützenverein Mehrum baut im März 1966 das brauchbare Material aus. Abends am 13. März steht nur noch eine Ruine. Erst jetzt erkennt man das Ausmaß des Verfalls. Mit dem gewonnenen Material soll eine Schützenhalle am Schießstand errichtet werden. Hierzu ist die von Dietrich Evers am 20. März 1966 abgegebene Verpflichtung interessant: „Für die Einweihung der zu errichtenden Schützenhalle in Mehrum zahle ich, Dietrich Evers, Weberstraße 48, 6 bis 8 Mann Musik!"
Zu vermerken ist noch, daß seit 1964 ein Schülerbus auch Mehrum anfährt, um die Schulkinder zu den weiterführenden Schulen nach Voerde (Realschule) und Dinslaken (Gymnasium) zu bringen.
Das Schuljahr 1966, auch 1. Kurzschuljahr genannt, hat nur 23 Unterrichtswochen. Erstmalig in der Geschichte dieser Schule wird kein Kind eingeschult.
Ostern 1966 ist der „Schulversuch Voerde" angelaufen. Er dient der Erprobung neuer Organisationsformen in der Oberstufe. Eltern mit drei Kindern und mehr erhalten vom Land Nordrhein-Westfalen Gutscheine zum kostenlosen Bezug der Schulbücher.
Der 4. Mai ist wiederum ein Schulwandertag, so wie er in jedem Jahr bislang stattfand. Die Wanderung geht über Spellen - Lippedorf nach Wesel. Dort wird das Schillmuseum besucht.
Im Hallenbad am Heuberg erfrischen sich alle ein wenig von der Wanderung. Das kleine Personenschiff „De liewe Jong" der Firma Edmund Seif aus Voerde bringt die Wanderschar von Wesel über den Rhein wieder nach Hause.
Seit Ostern hat Fräulein Martha Gangelhoff den Unterricht in Nadelarbeit übernommen. Frau Wohland unterrichtet wieder voll in Spellen.
Am 7. Juni dieses Jahres findet eine Schulleiter-Konferenz in Voerde statt. Es werden Überlegungen und Vorschläge besprochen zur Zusammenlegung von reinen neunten Schuljahren und zur Errichtung von Hauptschulen.
Das letzte Stündlein der kleinen Schulen ist gekommen!
Stufenweise sollen die Jahrgänge 5 bis 8 in reinen Jahrgangsklassen zusammengefaßt werden. Eine Sensation am Rhein! Am 16. Mai 1966 sichten Schiffer einen Riesenfisch im Rhein. Alle Welt ist auf den Beinen, um das Ungeheuer zu sehen. Es handelt sich um einen weißen Belugawal, der sich wohl verirrt hat. Der Volksmund hat auch schon gleich einen passenden Namen, er wird „Moby Dick" genannt. An einem Maiabend wird er auch in Mehrum gesichtet. Autokolonnen jagen durch die schmalen Wege zum Rhein. Reporter und Fotografen stürzen sich auf diese Sensation. Man versucht, den Wal zu fangen, aber ohne Erfolg. Am 13. Juni wird er sogar in Bonn gesichtet. Doch am 16. Juni sieht man ihn zum letzten Mal bei Hoek van Holland auf dem Wege in die Nordsee, in die Freiheit.
Die Elternversammlung am 26. Juli ist nur schwach besucht, die Spiele der Fußballweltmeisterschaft interessieren eben doch mehr!
Die nächste Sitzung des Elternvorstandes ist am 23. September 1966. Dazu sind die Vorsitzenden des Gesangvereins, des Schützenvereins und des Tambourcorps eingeladen. Behandelt wird nur ein Tagesordnungspunkt: Namensgebung für die neue Schule. Nach mancherlei Vorschlägen und reger Diskussion einigen sich alle Anwesenden auf den Namen „GILDE-SCHULE MEHRUM". Denn die Gilde war es, die einstmals die Schule einrichtete, unterhielt und die Lehrer bezahlte. In der Form der „Sterbegilde Mehrum" existiert sie heute noch. Das Schuljahr endet am 30. November 1966. Für die Kinder des 8. Schuljahres ist jetzt der Besuch des 9. Schuljahres Pflicht.
1. Dezember 1966. Es beginnt das 2. Kurzschuljahr 1966/67. Dieses Schuljahr hat auch nur 27 Unterrichtswochen. 24 Kinder besuchen die „Gilde-Schule zu Mehrum".
Am 9. Dezember 1966 verstirbt plötzlich und unerwartet Bürgermeister Heinrich Schmitz, der vor etwas mehr als einem halben Jahr unsere neue Schule offiziell übergeben hatte. Unter großer Anteilnahme auch der Mehrumer Bevölkerung wird er von seinen Ratskollegen zu Grabe getragen.
Dezember 1966. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen beabsichtigt, Bestimmungen über die weniggegliederte und ungeteilte Schule zu erlassen. Das bedeutet, daß die seit nahezu 20 Jahren in Nordrhein-Westfalen umstrittenen Zwergschulen nun durch Gesetz beseitigt werden. Ein weiteres Ziel ist, auch die Hauptschule mit allen Klassen 5 bis 9 als selbständige Schulform weiterführender Bildung zu begründen.
Das Schuljahr 1967/68, das letzte Schuljahr in der „Gilde-Schule zu Mehrum", beginnt mit 21 Kindern.
Im Juni wird mit dem Bau der Schützenhalle begonnen. Am 27. Januar 1968 soll sie eingeweiht werden. Mit den ehemaligen Schülern der Mehrumer Schule wird ein bunter Abend vorbereitet. In diesem Monat wird Horst Dickmann auch ganz offiziell befragt, ob er lieber an einer Grundschule oder an einer Hauptschule unterrichten möchte.
Zum letzten Male findet in der Schule eine Schul-Weihnachtsfeier statt. Das Programm ist sehr umfangreich, es umfaßt insgesamt 33 Positionen. Die Kinder spielen „Auf dem Scherbelberg" und „Rumpelstilzchen".
Am 1. März 1968 treten die Gesetze zur Schulreform in Nordrhein-Westfalen in Kraft. Die „Zwergschule ist damit in NRW gefallen, die Hauptschule gegründet und die Gemeinschaftsschule durchgesetzt".
Die Verwaltung bereitet die Reform für den Gemeindebereich Voerde vor. Die Mehrumer Kinder sollen nach Spellen, aber die Errichtung einer Hauptschule in Speilen ist noch nicht genehmigt. Und so kommt es, daß die Mehrumer Eltern in einer Versammlung am 7. März 1968 beschließen, ihre Kinder nach Voerde zu schicken.
Horst Dickmann bewirbt sich auf Anfrage, in welchen Fächern er unterrichten möchte, an die Hauptschule in Speilen, die als Teil der Hauptschule Friedrichsfeld zum Tragen kommt. Zwischenzeitlich finden Besprechungen der Elternvertreter mit den Vereinsvorständen statt, um die weitere Verwendung des Schulgebäudes festzulegen. U. a. wird vorgeschlagen, darin einen Kindergarten einzurichten.
Am 16. Juni 1968 wird zum letzten Mal gewandert, es geht zur Badeanstalt nach Wesel.
HORST DICKMANN schreibt am 27. Juni 1968:
„Mit diesem Tag ist für mich der letzte Schultag an der Gilde-Schule zu Mehrum angebrochen. Kinder und Lehrer wissen nicht, wie es nach den Sommerferien weitergeht. Weder der Schulrat noch ein Vertreter der Gemeindeverwaltung ist erschienen, um die Schließung der Schule offiziell den Kindern und mir mitzuteilen. Es hat ja alles in der Zeitung gestanden, und das genügt!?
Fräulein Martha Gangelhoff kommt noch, um sich zu verabschieden. Um 10.00 Uhr klopft es. Vor der Türe stehen Gerhard Rissel und Hermann Ettwig mit einem Frühstückskorb. Vor der Klasse richtet Gerhard Rissel in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Schulpflegschaft Worte des Dankes an mich und überreicht im Auftrage der Elternschaft des Dorfes dieses Geschenk.
- Ich entlasse die Kinder. -
Die „Gilde-Schule zu Mehrum", um das Jahr 1600 schon vorhanden gewesen, unterhalten aus den Geldern des Gildefonds, einer freien Vereinigung von Mehrumer Bürgern, hat aufgehört zu existieren!"
 
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