Die Familie v. Bodelschwingh - Rheindorf Mehrum

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Wessel Wirich v. Bodelschwingh zu Bodelschwingh,

Herr zu Mehrum,
Kurbrandenburgischer Landkommissar, Drost der Ämter Löhnen und Voerde.
Bei dem Umstand, daß zwei Familien Besitzrechte an Haus Mehrum und dem Mehrumer Lehen hatten, die v. Strünckede zu 2/3 und die v. Ketzgen zu 1/3, blieb es nicht aus, daß hin und wieder in diesen oder jenen Angelegenheiten unterschiedliche Meinungen und Zwistigkeiten auftraten. Da keiner der Berechtigten Haus Mehrum bewohnte, der Besitz einem Verwalter anvertraut war und die Ländereien einem Pächter überlassen werden mußten, konnte allein die Wahl der betreffenden Personen oder auch die Festsetzung der Pachtbedingungen schon Streitigkeiten zwischen den Parteien verursachen.
Auch als 1688 durch den Tod des Wilhelm Salentin v. Ketzgen dessen Anteil an Haus Mehrum und an dem Mehrumer Lehen (Ettwigs Hof und 5 Morgen in Hülsdonks Hof) auf sein einziges Kind Alstein Allmuth und deren Ehemann Wessel Wirich v. Bodelschwingh überging (letzterer wurde am 19. Dezember 1689 mit dem Mehrumer Lehen belehnt), wurde das Verhältnis nicht besser.
Dazu kamen noch die Schwierigkeiten, welche die Erhebung des Mehrumer Zehnten aus den zum Haus Mehrum gehörigen Ländereien mit sich brachten. Dieses Lehen, das Wilhelm v. Ketzgen 1638 durch Kauf von Arnd Tido v. Diepenbruck erwarb und das später, am 20. Februar 1664, an seinen Sohn Wilhelm Salentin gefallen war, hatte Wessel Wirich v. Bodelschwingh am 5. Dezember 1689 zu Behuf seiner Frau empfangen.
Um nun diesen Streit endlich aus dem Wege zu räumen, riefen die streitenden Parteien die Vermittlung des Willich v. Botzelaer an. Die Verhandlungen führten zu dem Ergebnis, daß Konrad v. Strünckede sich bereit erklärte, seine Rechte an Haus Mehrum an v. Bodelschwingh zu verkaufen oder aber dessen Rechte zu erwerben. Der Gesamtwert wurde mit 46.000 Reichstalern angesetzt.
Im Jahre 1693 wurde Wessel Wirich v. Bodelschwingh alleiniger Besitzer von Haus Mehrum, nachdem er den 2/3-Anteil des Konrad v. Strünckede für 30.000 Reichstaler an sich brachte.
Wessel Wirich v. Bodelschwingh vergrößerte alsbald seinen Besitz in Mehrum.
1692 kauft er die Weintges Kate (auch Wintgens oder Koopmanns Kate genannt) von den Geschwistern Johann, Dam und Enneken Koopmann für 150 klevische Taler. Zeugen waren die Schöffen Hendrich Payenberg, der Halfmann von Haus Mehrum, und Johann Havermann aus Löhnen. *1)
1702 erwirbt er von den Eheleuten Rütger Hülsdonk und Hilleken, geborene Ettwig, das Heyerfeld und die Heyerwiese, gelegen in der Spellener Heide an der Nordgrenze von Voerde. *2)
Um 1705 wird dem Rütger Hülsdonk die Pacht des Hülsdonks Hof aufgekündigt, weil er unerlaubt Bäume gefällt hat, um die ihm auferlegte hohe Kontribution zahlen zu können. *3) 1710 verkaufen die Erben des Balster (Balthasar) Ettwig für 390 Reichstaler einen Ochsengang auf dem Weidekamp neben dem Neuenkamp und der Momm an v. Bodelschwingh. Die Erben waren Balster Taten, jetzo Lübding, Wolter Ettwig, jetzo in gen Busch genannt Becker (er war 1696 auf Beckers Hof in Möl len eingeheiratet), Balster Vogel genannt Schmitz (hatte die Wirtschaft auf der Schmitz Kate in Voerde gepachtet) und Heinrich Vogel genannt Kasselmann (er wohnte auf Kasselmanns Kate in Götterswick. *4)
Das Wappen von Haus Mehrum.
Der an dem achteckigen Schloßturm angebracht gewesene Wappenstein soll um 1800 entstanden und etwa 1830 eingemauert worden sein. Unter der Krone wird links das Wappen des Freiherrn von Plettenberg und rechts das Wappen der Familie von Bodelschwingh dargestellt. Seit 1985 ziert dieser historische Wappenstein das Ehrenmal des Dorfes Mehrum in der Nähe des ehemaligen Schloßplatzes.
Ruine des Hauses Mehrum.
Das Schloß Mehrum wurde im Frühjahr 1945 beim Übergang der alliierten Truppen über den Rhein bei Mehrum durch Bomben und Granaten derart stark zerstört, daß in der Folgezeit ein Wiederaufbau kaum möglich erschien. Schließlich wurde im März 1960, nahezu 15 Jahre nach dem schrecklichen Ereignis, die Schloßruine endgültig abgebrochen.
1711 überläßt Johann Adolf v. Hamm auf Haus Ahr für 8.500 Reichstaler das Haus Löhnen an v. Bodelschwingh. Der Kauf wurde am 4. Juni 1712 gerichtlich bestätigt."' Der Verkäufer hatte das Haus Löhnen 1691 von Bertram v. Tengnagell erworben, dann 1695 Haus Ahr angekauft und dieses 1700 bezogen.
1714 ist abermals ein Grundstückskauf vermerkt. Von Jan Kalbeck in Voerde und Hermann Kalbeck auf Neuenbauers Kate in Eppinghoven, deren Frauen Enneken und Beel eine Weide von ihrem Vater Jakob Ettwig geerbt hatten, erhält v. Bodelschwingh das ein Mudsaat große Weideland An den Wefert und zahlt hierfür 71 Taler. *6)
Doch der Herr von Haus Mehrum verpachtet auch.
1690 übernimmt Wilhelm Freytag mit seiner Frau Maria Leyenkant den Giesen Hof zu Mehrum.
1704 wird Giesen Hof dann allerdings an die Eheleute Heinrich Wennen und Enneken Brinkamps verpachtet. Die Pacht beträgt 10 Malter Gerste, 1/2 Malter Weizen, 8 Reichstaler als Weidegeld und 1/2 Malter Weizen für die Kirche Götterswickerhamm. *7)
Über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Pächter in jener Zeit unterrichtet ein Gesuch der Pächter Heinrich Daems auf Daems Hof, Balthasar Ettwig auf Ettwigs Hof und Wilhelm Freytag genannt Giesen auf Giesen Hof in Mehrum an ihren Pachtherrn v. Bodelschwingh vom 16. Januar 1702:
„Zu Eingang ihres Gesuchs erinnern sie daran, daß sie schon im vergangenen Jahr ihre hat drückende Armut wehmütigst klagend vorgetragen und in Betrachtung des sechs-jährigen Mißwachs, der schweren Steuern, der starken Einquartierung (preuß. Truppen für die Besatzung von Rheinberg), Ausgaben zu Wasserwerken (für Deich-und Kribbenbau) und anderen bei diesen betrübten und herzklemmenden Zeiten entstehenden unerträglichen Lasten und Diensten (z. B. Gestellung von Fuhrwerk für die Truppen) um Erlassung der rückständigen Pacht und Erlangung einer gnädigeren und träglicheren Pacht demütigst gebeten haben. Sie glauben, daß der Pachtherr aus gnädigem Einsehen dem Rentmeister (Johann Wefort) wohl Ordre gegeben habe, sie mit der Einziehung der rückständigen Pacht zu verschonen und neue, für sie günstigere Pachtverträge abzuschließen. Aber sie müssen dennoch erfahren, daß derselbe einen Weg wie den andern auf die völlige Bezahlung der Rückstände dringt, auch sich zu keiner Änderung der jährlichen Pacht gestehen will. Daher wird es nun zu einer Unmöglichkeit, bei so schwerer Kontribution, welche sich bei Ettwigs Hof im vergangenen Jahr auf 63 Reichstaler, bei Daems Hof auf 46 Reichstaler und bei Giesen Hof auf 12 Reichstaler beliefe, ferner bei der starken Einquartierung, die für Ettwig und Daems je 100 Gulden an Gelde und bei Giesen halb soviel gekostet, wie auch bei den großen Ausgaben für Wasserwerke, für die pro Morgen 25 Stüber entrichtet werden sollen und in den nächsten Tagen zwangsweise beigetrieben werden und zudem bei den unerträglichen täglichen Lasten und Diensten - seit dem 1 Mai waren 31 Pferdedienste bald hierhin, bald dorthin zu leisten -, die Rückstände zu bezahlen und bei der alten Pacht zu bleiben. Ja, in dem unverhofften Fall, daß Ew. Hochwohlgeb. Gnaden mit uns armen und aufs Blut ausgemergelten Pächtern diesmal kein gnädiges Einsehen haben wird, wir je länger, je mehr zurückkommen, allen Kredit verlieren und zuletzt mit dem Unseren davon laufen müssen, welches bereits geschehen wäre, wenn nicht die beiden Anker der Geduld und Hoffnung, dafür dem Höchsten gedankt sei, uns bisher erhalten hätte."
Zum Schluß wiederholen die Pächter ihre alte Bitte um Niederschlagung der Rückstände und um Abschluß anderer Pachtverträge. *8)
Wessel Wirich v. Bodelschwingh verlor seine Frau Alstein Almuth v. Ketzgen nach 10jähriger Ehe am 4. Juni 1698. Sie starb im Alter von nur 30 Jahren auf Gut Buldern und hinterließ vier Töchter und einen Sohn mit Namen Gisbert Wilhelm.

Gisbert Wilhelm v. Bodelschwingh

Er war der Nachfolger seines Vaters auf Haus Bodelschwingh, erbte neben Haus Mehrum mit den dazugehörenden Höfen sowie dem 1711/1712 von seinem Vater angekauften Haus Löhnen mit den ebenfalls anhängenden Höfen auch das Mehrumer Lehen und den Mehrumer Zehnten, mit denen sein Vater für ihn, da er noch minderjährig war, am 23. Juni 1701 und am 6. März 1714 belehnt wurde.
Nachdem er großjährig geworden war, legte er den Lehnseid am 13. Juni 1723 und dann noch einmal zur Erneuerung der Lehen am 14. März 1741 ab.
1723 kauft er von Hermann Pontkees und Johann Schürmann in Voerde aus deren Erbschaft von Hermann Scholten genannt Pontkees 1/4 Weidegang für 97 Klev. Taler und 15 Stüber. *9) 1739 ist das Gut Mehrum 98 Morgen holl. (etwa 333 Morgen preuß.) groß. Dazu kommen an Lehnsgut und Erbländereien noch 159 Morgen holl. *10)
Gisbert Wilhelm v. Bodelschwingh stirbt am 13. April 1753 auf Haus Bodelschwingh und wird am 17. April in der hochadeligen Gruft daselbst beigesetzt.
Erbe seiner Besitzungen ist sein einziges Kind
Anna Luise Gisbertine v. Bodelschwingh,
geboren am 2. August 1729, gestorben am 2. Juli 1802.
Wie ihr Vater und ihr Großvater überläßt auch sie die Verwaltung der Mehrumschen Güter einem Rentmeister und besucht Haus Mehrum nur zu besonderen Anlässen. Ein solcher wird am 10. Juni 1791 beschrieben: Bei der Taufe eines Kindes ihres Rentmeisters Hermann Wilhelm Tendering übernimmt sie die Patenstelle.
Nachdem ihre im Jahre 1754 vollzogene und kinderlos gebliebene Ehe mit Gisbert Friedrich Wilhelm v. Plettenberg-Heeren 1762 geschieden war, heiratete sie am 8. Dezember 1763 Mathias Gisbert Albert v. Bodelschwingh-Velmede. Dieser Ehe entstammen die beiden Töchter Sophia Luise Elisabeth Wilhelmine und Karoline Charlotte.
Nach dem von diesen beiden Schwestern am 31. Januar 1803 geschlossenen Erbteilungsvertrag kamen die Mehrumschen Güter, Haus Löhnen und die zwei so oft genannten Lehen an.

Karoline Charlotte v. Bodelschwingh,

geboren am 19. Oktober 1771, gestorben am 23. Januar 1818.
Sie heiratete am 5. März 1795 Friedrich Wilhelm v. Plettenberg-Heeren und wohnte auf Gut Heeren, wo auch ihre Kinder geboren wurden.
Mit dem Mehrumer Lehen und dem Mehrumer Zehnten ließ sie ihren Mann als ihren Stellvertreter belehnen. Der Lehnsbrief wurde am 5. August 1803 ausgestellt. Es war die letzte Belehnung, die hier stattfand.
Unter der französischen Herrschaft von 1806 bis 1814 fand das Lehnswesen sein Ende. Die zu Lehen gegebenen Güter verblieben den Belehnten zur eigentümlichen Nutzung gegen Zahlung eines jährlichen Kanons. So war es auch mit den anderen Lehen, welche die Inhaber von Haus Mehrum besaßen, dem Xantener Lehen, dem Bischofsacker, der Fischerei im Mehr und dem Schultheißenamt über die Deutzer Güter. *11) Dadurch gewann Haus Mehrum einen bedeutenden Zuwachs an Ländereien und Gerechtsamen.
Nach dem Tode der Karoline Charlotte v. Bodelschwingh verblieb ihrem Mann Friedrich Wilhelm v. Plettenberg-Heeren die Nutznießung der Güter zu Mehrum. Als er 1820 starb, ging die Nutznießung auf seine zweite Frau Sophia v. Ascheberg, die er am 18. September 1818 geheiratet hatte, über.
Das Eigentumsrecht erhielten aber die Kinder aus der ersten Ehe:
Friedrich Wilhelm Gisbert
Karl Ludwig Adolf
Wilhelm Gisbert Albert
Luise Karoline Friederike
Gustav Karl Heinrich
Elise Karoline Luise.

 
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