Die Familie v. Lützenradt - Rheindorf Mehrum

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Bertram v. Lützenradt,

Herr von Haus Mehrum von 1582 bis 1618,
gehörte zum Gefolge des Herzogs Johann Wilhelm, als dieser am 16. Juli 1585 sich mit Jakobe v. Baden in Düsseldorf vermählte. Ebenfalls zum Gefolge gehörte Jörgen v. Sieberg auf Haus Voerde und der Bruder von Bertram's Mutter, Wilhelm v. Nienhoven, der bei den während des Festes ver¬anstalteten Turnieren in die Schranke ritt. *1)
Er war Klevischer Hofmeister, Drost des Landes Dinslaken und Anmtmann von Sonsbeck. Durch seine Heirat mit Ursula v. Marnix (gestorben 1615) wurde er Herr der Herrschaft Toulouse im Burgundischen, von Marnix in Savoyen und des auf der Grenze zwischen dem Erzstift Köln und dem Fürstentum Jülich gelegenen Gut Bongardt. Ursula v. Marnix zu Toulouse, Budingen und Drabonne, war die Tochter von Johann zu Toulouse und Katharine v. Ghoer zu Kaldenbroeck.
Toulouse lag in Franch Comte, nicht weit von Lons-le-Saunier oder Poligny entfernt. Budingen lag in Belgien in der Provinz Limburg, zwischen Truiden und Hasselt, Drabonne auch in Belgien. (Nach Mitteilung des Herrn Bruggencate in Amsterdam).
Die Belehnung mit dem Mehrumer Lehen, die ansonsten innerhalb eines Jahres und sechs Wochen nach dem Tode des letzten Lehnsträgers erfolgte, zog sich viele Jahre hinaus. 1577, den 18. Juli, bitten die Erbberechtigten, den Belehnungstermin hinauszuschieben, da sie die Erbteilung noch nicht durchgeführt haben und somit auch nicht wissen, wer das Lehen gewinnen soll.
Am 12. April 1585 erscheint Bertram v. Lützenradt in Kleve, um sich belehnen zu lassen. In der Meinung, daß Ettwigs Hof und die 5 Morgen im Hülsdonk in Voerde zusammen ein Lehen bilden, bringt er als Hergeweide auch nur 15 Goldgulden mit. Es wird ihm anheimgestellt, jetzt die beiden Lehen zu empfangen und die 15 Goldgulden für das zweite Lehen zu einem bestimmten Termin zu bringen. Er aber will erst nach Hause reiten, um die Angelegenheit mit seiner Mutter zu besprechen.
Zum 21. April 1588 geht bei der Lehnskammer die Nachricht ein, daß Bertram v. Lützenradt sich mit der Mutter beraten hat und nun willens ist, sich belehnen zu lassen. Und dann dauert es doch noch bis zum 25. April 1597, ehe die Belehnung ausgesprochen und durchgeführt wird.
Inzwischen ist eine traurige Zeit über das Land am Niederrhein hereingebrochen, besonders durch die Kämpfe zwischen den Spaniern und den Niederländern um die damalige kurkölnische Festung Rheinberg, die zu dieser Zeit noch fest am Rhein lag. Bei den Belagerungen wurde auch das Gebiet der Stadt Rheinberg gegenüber auf der rechten Rheinseite arg in Mitleidenschaft gezogen. Hier entstanden Befestigungen, Schanzen und Redouten und die Kriegsvölker plünderten und brandschatzten, so daß die meisten Bewohner in die Nachbarstädte Wesel und Dinslaken flüchteten, wenn sie nicht durch Hunger und Mordlust der Soldateska umkommen wollten. Über drei schlimme Jahre wird folgendes berichtet:
1584, die adeligen Häuser und die Kirche zu Götterswick mit Gewalt eingenommen. 1586, die Kirche ist geplündert.
1598, die adeligen Häuser geplündert, einige niedergerbrannt und zerstört, Haus Mehrum zweimal geplündert.
In den überlieferten Aufzeichnungen ist nachzulesen, daß im Jahre 1601 Bertram v. Lützenradt von Jasper Pontstein und Frau Luth den größten Teil von Giesen Hof in Mehrum kauft. (Den Rest dieses Anwesens erwarb später Wilhelm Ketzgen). Frau Luth ging ins Armenhaus zu Wesel. Von Derk Gossen aus Götterswick ließ sie sich bis zur Lippe fahren. Die Fahrt wurde 1638 mit 20 Stübern aus dem Armenfonds vergütet. Die Kirche war der Frau Luth verpflichtet; denn sie hatte ein Vermächtnis hinterlassen. Die Armenpfleger führen in ihrer Abrechnung von 1638 an: „. . . zum erstenmal 1 Malter Weizen gottlob empfangen, die Lud Giesen als ewige Fundation vermacht hat".
Den Giesen Hof, der 1487 Bewers Gut genannt wird, kauft 1581 der Pächter Rütger Giesen von der Abtei Kamp, welche durch den spanisch-niederländischen Krieg in Geldnöte geraten war. *2) 1611 schließt Bertram v. Lützenradt einen Tauschvertrag mit Derk Wennen, der auf der Geest am Rhein zu seiner Notdurft eine Hütte gebaut hatte, die er aber auf Befehl des Herzogs und der Geerbten wieder abbrechen mußte. Das Grundstück übernimmt der Herr von Mehrum und gibt dem Wennen dafür einen Morgen Land zu Rhinum, mit Dornen und Sträuchern bewachsen. *3) In dem folgenden Jahr, 1612, erwirbt er den Werth neben Rheinberg, die sogenannte Niederspei, mit dem Rißwardt, Grünland, mit dem Anwachs (Anlandung), mit der Fischerei und mit allen sonstigen Rechten. Es war ein Erbgut derer v. Loe, das durch die Heirat der Dorothea v. Loe an die v. Oy gekommen war. Der Käufer Bertram v. Lützenradt zahlt für diesen Erwerb 9.500 Speziestaler und gibt als besondere Verehrung der Frau Dorothea 100 Ungarische Dukaten. (1785 war das angekaufte Land 101 Morgen holl. groß). *4)
Zu den Höfen der Besitzung Haus Mehrum gehörte auch das Kapellen Gut, in späterer Zeit nach dem Pächter Daems Gut genannt. Der Hof war dem Ritter Goswin Steck und seiner Schwester Elisabeth, den Besitzern von Krudenburg, in Erbpacht übergeben. Diese stifteten 1439 das Gut dem St. Georgs Altar der Kirche zu Hünxe.
1617 kaufte Bertram v. Lützenradt den Hof für 20 Taler von der Vikarie Hünxe. Der Pächter des Hofes war infolge des Kriegselends und seiner Schulden irrsinnig geworden (etwa um 1602). *5)

20.November 1613.
Landdrost Bertram v. Lützenradt zu Mehrum und Wilhelm v. Ingenhoven, Abt zu Hamborn, schließen nach eingenommenem Augenschein aus des Landmessers Pauels Abmessung beiderseits Ländereien mit Zuziehung dreier Hausleute, von denen zwei Pächter des Abts und ein Pächter des Herrn von Mehrum sind, eine ewig unwiderrufliche Beutenschaft. Kloster Hamborn tritt an v. Lützenradt ab:
1. 1/2 Kämpchen auf dem Püttacker, schießt mit einem Ende auf die Hamstraße, mit dem andern und mit beiden Seiten auf Besitz des Lützenradt;
2. ein Beilstück alda, zwischen dem Leim(Lehm)acker und dem Kaulenkamp;
3. ein Stück im Rheinfeld, schießend mit einem Ende auf die Landwehr, mit dem andern an die Kaul, liegt zwischen Land des Lützenradt;
4. ein Vierkantstück unweit des Rheinfeldes, welches Heinrich Rütgers vergangenes Jahr
wieder hat zu bewirtschaften angefangen, ganz in Land des Lützenradt gelegen.
Dafür erhält das Kloster Hamborn von v. Lützenradt:
1. Ein Stück in der Doernt am Rheinischen Weg, das mit einer Seite an Land der Süstern (Schwestern) zu Dinslaken angrenzt, mit der andern an Land der Kirche Götterswick;
2. ein Stück zwischen dem Waterweg und dem Rheinischen Weg, auch in der Doernt gele¬gen, schießt mit einem Ende auf Johann Wennen Land, mit dem andern auf der Kirche Land;
3. ein Stück in der Doernt bei demselben Weg, schießt mit einem Ende auf Land, das den Johannitern zu Wesel gehört;
4. ein Stück in der Geest, neben Erbland von Gies Ex, mit einer Seite längs dem Waterweg, schießt mit einem Ende auf St. Johannes Land, mit dem andern Ende auf Land des Lützenradt;
5. ein Stück in der Doernt, nahe bei den oben genannten, zwischen Land der Johanniter und dem Kloster Dinslaken, schießt mit einem Ende auf Lützenradts, mit dem andern Ende auf der Vikarie zu Dinslaken Land.
Hierbei waren zugegen Heinrich Ettwig, Johann Wolters, Pächter von Kloster Hamborn's Land, Wyn Freitag als Pächter von Herrn von Mehrum, dazu der Rentmeister von Haus Mehrum mit Namen Bernd Sieberg.

10. Januar 1616.
Dem Abt ist zu Ohren gekommen, daß einige von ihm ertauschten Grundstücke nicht Eigentum des v. Lützenradt sein sollen, sondern Eigentum des Klosters Deutz sind. Bertram v. Lützenradt verpflichtet sich, für jeden Schaden aufzukommen, wenn nötig, anderes Land zu geben und dem Abt zu gestatten, die Ländereien des Klosters wieder zurückzunehmen. *6)
Kloster Marienkamp zu Dinslaken hatte 1487 von Dietrich und Jakob v. Hackfort eine Weide, der große Schlag bezeichnet, gekauft und dann immerfort zur Pacht ausgetan. So geschah es auch 1597, am 8. Dezember, als Rütger zum Busch, Bürgermeister in Dinslaken, diese Weide auf acht Jahre für 200 Taler 52 Albus erhielt.
Durch den Kriegszug des spanischen Heerführers Mendoza im Jahre 1598, bei dem Haus Mehrum zweimal geplündert wurde, und weiter durch die stetigen Einlagerungen der niederländischen und spanischen Truppen, sowie durch den Durchzug der Kriegsheere durch die oben genannte Weide und schließlich auch durch die darin aufgeworfenen Redouten konnte der Pächter bis 1606 wenig Nutzen aus dem Pachtgut ziehen. Aus diesem Grunde wurde ihm die Pachtzeit um ein Jahr verlängert. Danach nahm v. Lützenradt die Weide in Benutzung, ohne jedoch sich vorher mit dem Eigentümer darüber zu verständigen. Das Kloster erhob gegen ihn Klage beim Gericht Götterswick. Der Herr von Mehrum machte für sich geltend, daß in dem Vertrag von 1597 vermerkt sei, die Erben des Pächters sollten bei einer Neuverpachtung die Weide haben, wenn sie den alten Pachtzins zu leisten bereit sind. Der Bürgermeister Rütger zum Busch habe ihm die Pachtgerechtigkeiten übertragen, und er sei auch gewillt, die Pacht zu zahlen; denn das Geld sei deponiert. Trotzdem seine Einwendungen vom Gericht nicht anerkannt werden und das Urteil zu seinen Ungunsten ausfällt, treibt er auch weiterhin sein Vieh auf die Weide.
Eines Tages schickt das Kloster einen Beauftragten, das Vieh auszutreiben. Doch der Beauftragte wurde von dem Rentmeister Vincens Boberdick mit schweren Drohworten von dem Grundstück vertrieben. Ein anderes Mal wollte die Verwalterin des Klosters mit Hilfe eines Knechts und einer Magd v. Lützenradts Pferde austreiben. Es kam aber ein Diener von Haus Mehrum, der die Pferde wieder eintrieb. Als die Klosterfrau noch zweimal versuchte, das Vieh auszutreiben, ließ v. Lützenradt ihr die Weide verbieten.
Am 9. Februar 1609 verpachtete der Konvent des Klosters Marienkamp die Weide für vier Jahre an Bernt von Möllen, Bernt in gen Busch, Jan in gen Kalbeck und Jan Weimann für 100 Taler. Sie erhielten den Auftrag, die Redoute in der Weide, die vom Kriegsvolk aufgeworfen war, mit der Zeit niederzuschleifen und die Gräben damit zu füllen.
Bertram v. Lützenradt will aber die für ihn so bequem gelegene Weide nicht entbehren. Er einigte sich mit dem Konvent und erreichte, daß ihm am 16. Juni 1609 die Weide unter folgenden Bedingungen überlassen wird:
1. Den vorigen Pächtern die 100 Taler zurückzuerstatten,
2. 1 Scheffel Rübsamen zu geben,
3. die Dienste zu leisten, welche die vorigen Pächter versprochen hatten,
4. die Frechtung zu erhalten und
5. nach 4 Jahren die Weide wieder an das Kloster zu übergeben. *7)
Bevor die Pachtzeit abgelaufen ist, sichert sich v. Lützenradt die Weide durch Abschluß eines neuen Pachtvertrages vom 25.Februar 1613 auf weitere 6 Jahre. Dafür soll er dem Kloster im künftigen Mai 200 Taler erlegen. Er ist gehalten, drei Jahre lang ein Hornbeest (Kuh) des Klosters mitweiden zu lassen, die Einzäunung der Weide zu unterhalten, beson¬ders den Zaun an der Westseite längs des Weges bis zur Brücke über die Momm. Dazu darf er das Toppholz von den Weidenbäumen gebrauchen, soll aber auch neue Weidenbäume setzen. *8)
Im Jahre 1616 gibt das Kloster Marienkamp in einer Beschwerde an, daß die Herabsetzung der Zahl seiner (v .Lützenradts) Weidegänge auf dem Rheinberger-Mehrumschen Grind aus einem besonderen beweislichen Haß des v. Lützenradt geschehen sei.
Bertram v. Lützenradt ist am 31.Januar 1618 gestorben.

1. Gramineus.
2. M.Dicks, Die Abtei Camp am Niederrhein, Kempen 1913.
3. und 4. Archiv Haus Mehrum, B 1 10. 4. 4.
5. Archiv der Evgl. Kirchengemeinde Hünxe, Urkunden.
6. HSTAD, Abtei Hamborn, Urkunden Nr. 291.
7. Ebd., Kloster Marienkamp zu Dinslaken, Akten Nr. 18, 34.
8. Ebd., Akten Nr. 43.
 
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